Selbstständig bleiben
Das Ziel der Ergotherapie ist es, dass Patienten mit Multipler Sklerose (MS) ihren Alltag ohne fremde Hilfe bewältigen und solange wie möglich unabhängig bleiben können. Dafür müssen sie die Muskulatur trainieren und bestimmte Techniken erlernen. Denn viele MS-Patienten leiden unter Beschwerden wie Gefühlsstörungen, Kribbeln, Gleichgewichts-, Konzentrations- oder Motivationsproblemen. So vielfältig wie das Spektrum der Störungen bei Multipler Sklerose ist, so unterschiedlich sind auch Behandlungsmöglichkeiten. Die Ergotherapie kümmert sich sowohl um den Geist, als auch den Körper und seine Steuerung. Außerdem unterstützen Ergotherapeuten MS-Patienten bei der Wahl und dem Einsatz technischer Hilfsmittel. Sie zeigen Angehörigen und Freunden, wie sie mit MS-Patienten am besten umgehen.
Training für Körper und Geist
Konkret versuchen Ergotherapeuten, falsche Bewegungen und kräftezehrende Körperhaltungen abzustellen. Sie üben mit den Patienten wieder normale Bewegungen ein, die weniger Energie kosten. Ist das nicht mehr möglich ist, lernt der Patient mit seinem Handicap umzugehen und trainiert neue „Ersatzbewegungen“. Alle Übungen orientieren sich an den Bedürfnissen im Alltag.
Ein Gymnastikball hilft dabei, im Sitzen das Gleichgewicht zu halten, ein Stehtisch unterstützt das aufrechte Stehen ohne Umkippen. Dabei lernt der Patient, sein Gewicht auf Knochen und Gelenken zu erspüren und seine Bewegung danach auszurichten.
Therapieknete, Arbeiten mit Salzteig oder Steckspiele fördern die Feinmotorik und das Fingerspitzengefühl. Das Aufmalen von großen Kreisen und geschwungenen Mustern (Gollwitzer Zeichnen) zielt darauf ab, das Zittern beim Greifen und Zielen mit der Hand in den Griff zu bekommen (Intentionstremor). Manchmal müssen die Augen helfen, das verlorengegangene Gefühl in den Fingerspitzen beim Greifen zu kompensieren.
Rund die Hälfte aller MS-Patienten hat Gedächtnis- und Konzentrationsstörungen. Dies ist oft der Grund für Arbeitslosigkeit, Einsamkeit und Unselbstständigkeit. Ein neuropsychologisches Training schult das Gedächtnis. Denksportaufgaben, Spiele, welche die Konzentration des Patienten fördern, oder taktische Spiele halten Nervenverbindungen im Gehirn aufrecht oder lassen neue Verknüpfungen entstehen, die den Verlust durch die Krankheit ausgleichen können.
Sinnvolle Behandlungsziele anstreben
Die wichtigste Basis für eine effektive Behandlung ist, den momentanen funktionellen Leistungsstand zu erfassen und das Behandlungsziel zu formulieren. So macht es keinen Sinn zu fordern, wieder gehen zu können, wenn man schon seit längerer Zeit im Rollstuhl sitzt. Das Behandlungsziel muss dem Grad der Behinderung angemessen sein. Das bedeutet das Erhalten von vorhandenen Funktionen und das Verhüten von größeren Schäden sowie das Erhalten der gewohnten Aktivität, damit am Alltag und am sozialen Leben teilgenommen werden kann.